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Baurecht: Die Schutzlücke bleibt bestehen

VOC, MVV TB, ABG und das gesündere Bauen

Wie ist es zu der jetzigen Situation gekommen?

Stand: Dezember 2020

Die am 31. August 2017 veröffentlichte Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen integriert erstmals gesundheitliche Anforderungen an Bauprodukte in das Bauordnungsrecht. Wir erklären, was es damit auf sich hat, und ob die staatliche Regelung ausreicht, die Gesundheit zu schützen. Auslöser für die Änderungen im Bauordnungsrecht war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)
aus dem Jahr 2014 (Az.: C-100/13). Darin wurde die deutsche Praxis der Zulassung von Baustoffen als nicht konform mit EU-Recht verurteilt, da sie den freien Warenaustausch behindert.

Was bedeutet das Urteil?

Die Konsequenz ist, dass für Bauprodukte, für die es eine europäische Norm gibt (harmonisierte Bauprodukte / hEN) keine nationalen Vorgaben für deren Zulassung geben darf. Hier genügt allein das CE-Kennzeichen für die Übereinstimmung mit europäischen Normen, damit das Produkt auf den Markt kommen kann. Für sogenannte nationale Bauprodukte gibt es nach wie vor das bekannte Ü-Zeichen. 

Warum gibt es in Deutschland für bestimmte Produktgruppen trotz des EuGH-Urteils Vorgaben für VOC-Emissionen?

Vor dem EuGH-Urteil gab es bereits für einige bestimmte Produkte Vorgaben für maximal zulässige VOC-Emissionen. Diese wurden durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) im Rahmen der Produkt-Zulassung kontrolliert. Um nicht hinter diesen Stand zurückzufallen, enthält die MVV TB die Anlage 8 „Anforderungen an bauliche Anlagen hinsichtlich des Gesundheitsschutzes“, kurz ABG. Hintergrund ist, dass Nationalstaaten zwar keine Vorgaben für EU-harmonisierte Baustoffe machen können, aber für die Sicherheit in Gebäuden zuständig sind. Das Motto für Nichtjuristen: Gebäude bestehen aus Baustoffen, deshalb müssen diese in Ordnung sein.

Die Vorgaben folgen dem bisher als Empfehlung vorhandenen Schema des Ausschusses
für die gesundheitliche Bewertung von Baustoffen AgBB. Dieses wird damit erstmals in das Bauordnungsrecht integriert.

Für welche Produktgruppen müssen VOC-Werte angegeben werden?

Die Anlage 8 ABG enthält in Anlage 3 eine Positivliste solcher Produkte,
für die Emissionen von flüchtigen organischen Verbindungen VOC nachgewiesen werden müssen:

■ Bodenbeläge und -konstruktionen, wie

■ textile Bodenbeläge
■ elastische Bodenbeläge
■ Laminatbodenbeläge
■ Parkette und Holzfußböden
■ Bodenbeschichtungen
■ Kunstharzestriche und -mörtel
■ künstlich hergestellter Stein auf Kunstharzbasis

■ Sportböden

■ Bodenbelagskleber und Kleber für strukturelle Verbunde

■ Verlegeunterlagen

■ Oberflächenbeschichtungen für Holzfußböden und elastische Bodenbeläge

 

■ Dekorative Wandbekleidungen und dickschichtige Wandbeschichtungen auf Kunststoffbasis

■ Brandschutzbeschichtungen für Stahlbauteile

■ Deckenverkleidungen und -konstruktionen mit den oben genannten Eigenschaften

■ Dämmstoffe mit den oben genannten Eigenschaften, wie z. B. Phenolharzschäume, UF-Ortschäume

■ behandelte oder verklebte Hölzer

■ nachträglich aufgebrachte organische Feuerschutzmittel.

 

Diese Liste ist nicht abschließend.
Neue Produkte oder wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Auswirkungen solcher Produkte können zu Änderungen führen

Änderungen im Bauordnungsrecht Änderungen im Bauordnungsrecht

Klarstellung für Produkte aus Holz

Da manche Bezeichnungen missverständlich sein können, wurde für mit Holzschutzmitteln unbehandelte Produkte
aus Holz klargestellt, dass für z.B. Sperrholz, Furnierholz und Holzfaser(dämm)platten sowie Holzprodukte wie Brettschichtholz, Kanthölzer und Furnierschichtholz eine VOC-Prüfung nicht erforderlich ist.

Sonderfall OSB und Spanplatten

Fakt ist:

Außer in Baden-Württemberg und NRW ist für OSB-Platten und kunstharzgebundene Spanplatten ein VOC-Nachweis erforderlich.

Für OSB-Holzwerkstoffe und kunstharzgebundene Spanplatten gilt eine Nachweispflicht für VOC seit dem 1. Oktober 2019. Gegen diese Vorschrift wurde in Baden-Württemberg und Sachsen Klage eingereicht.
In zwei Urteilen (Az. 8 S 2962/18 und 8 S 3008/18 vom 11. Juli 2019 sowie im Hauptsacheverfahren (8 S 2944/18) am 7.10.2020  hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH)
der Klage von zwei Herstellern stattgegeben und die auf der Musterverwaltungsverordnung
Technische Baubestimmungen (MVV TB) basierende Landesbauordnung Baden-Württemberg hinsichtlich des Nachweises von VOC-Emissionen für unwirksam erklärt. Noch ist die Entscheidung nicht rechtskräftig.

Nordrhein-Westfalen hat die Anforderung mit Erlass vom 23.9.2019 außer Kraft gesetzt.

In Sachsen hat der Oberverwaltungsgericht im Eilverfahren die Klage abgelehnt (Beschluss vom 11.02.2019, Az.: 1 B 454/18).

Laut Einschätzung von Fachjuristen wollen andere Bundesländer die Entscheidung ihren Gerichten überlassen. Falls es auch in den noch bevorstehenden Hauptverfahren anderslautende Entscheidungen in den Ländern gibt, könnte es noch eine Klärung im Bundesverwaltungsgericht geben. Die Haltung der Behörden (DIBt, Umweltbundesamt) geht dahin, dass diese Entscheidung allein für OSB und kunstharzgebundene Spanplatten und allein für Baden-Württemberg gilt. 

Sind die Regelungen in der MVV TB für das gesündere Bauen ausreichend?

Nur zum Teil!

Zwar entsprechen die Vorgaben für die Einzelstoffbewertung entsprechend der Liste in der Anlage 8 dem
bisherigen Stand der Regelungen des DIBt. Der Grenzwert für die Summe der Emissionen (TVOC) von
1.000 Mikrogramm je Kubikmeter (µg/m³) ist aber nicht streng genug und stellt nur einen Mindestschutz dar.
Die Vorgaben vieler hochwertiger Baustofflabel und die des Sentinel Haus Instituts sind deutlich niedriger. Hier finden Sie unsere Anforderungen und Prüfkriterien. Zudem berücksichtigen die Angaben für Baustoffe nicht deren Kombination mit anderen Baustoffen
und die Menge, in der sie im Raum bzw. Gebäude verwendet werden. Vorgaben für die Verarbeitung, durch die zum Teil starke Emissionen entstehen können, sind ebenfalls nicht berücksichtigt.

Das Wichtigste:

Grenzwerte für die Qualität der Innenraumluft im Gebäude als Ganzes enthält die MVV TB nicht!
Diese Vorgabe wird es aus rechtlichen Gründen (Unverletzlichkeit der Wohnung § 13 Grundgesetz) auch nicht geben.
Die (relativ hohen) Arbeitsplatzgrenzwerte gelten nur für Bereiche, in denen produziert wird, nicht zum Beispiel für Büroräume.
Die Herstellung und Aufrechterhaltung einer sicher gesünderen Innenraumluftqualität, die auf der anderen Seite
baurechtlich ebenfalls geboten ist, bleibt also Aufgabe der Bauakteure beziehungsweise der Betreiber von Gebäuden.

© Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Eine Vervielfältigung in Medien jeder Art ist nur mit Zustimmung des Urhebers gestattet.

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