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„Wir sind noch weit entfernt von kreislauffähigen Gebäuden in der baulichen Praxis“

In diesem Interview unterhalten sich unser Geschäftsführer Peter Bachmann und Zirkularitätsexperte Fabian Isele mit Frau Dr. Alexandra Hildebrandt. Thema sind kreislauffähige Gebäude und was dazu benötigt wird.

Die Idee der Kreislaufwirtschaft beginnt mit der wichtigen Erkenntnis, dass wir in einer Welt endlicher Ressourcen leben: Gebrauchtes soll umgewandelt und möglichst wiederverwertet werden, um eine effektivere Nutzung von Ressourcen zu gewährleisten. Weshalb lässt sich Kreislaufwirtschaft nicht einfach auf herkömmliches Recycling reduzieren, sondern erfordert weitaus mehr?

Hauptverursacher der Müll und Treibhausgasemissionen ist die Bau- und Immobilienwirtschaft. Laut Peter Bachmann sei ein Problem, dass die Rohstoffe untrennbar verbaut werden, dadurch können sie nie wieder sauber stofflich getrennt werden. Die Müllkippe und Müllverbrennung sind hierbei die Konsequenz. Außerdem ist in der herkömmlichen der Ort des Rohstoffes in der Immobilie nicht bekannt, weshalb nachfolgende Generationen diese wertvollen Ressourcen nicht mehr nutzen können.

Fabian Isele hingegen schildert, dass das herkömmliche Recycling in vielen Fällen ein Downcycling bedeutet. Das soll heißen, am Ende kommt ein Produkt mit schlechterer Qualität heraus.

Wichtig ist also den richtigen Begriff zu verwenden, und zwar die gleichwertige Wiederverwendung. Hierfür werden technische und biologische Kreisläufe benötigt. Als Beispiel nimmt er Aluminium. Dies sei ein sehr wertvolles Material, was im Gegensatz zu unbehandeltem Holz oder neuen biochemischen Materialien nicht so unkompliziert in den biologischen Kreislauf eingefügt werden kann. Dieses muss nämlich vollständig in den technischen Kreislauf zurückgeführt werden.

Wie lässt sich der Lebenszyklus von Gebäuden und deren Bestandteilen langfristig denken? Und welchen Beitrag dazu leistet das Sentinel Haus Institut?

Laut Fabian Isele ist in unserem derzeitigen wirtschaftlichen System, ein Gebäude zu großen Teilen monetär zu beurteilen. Langfristiges Denken bedeutet hierbei zu beachten, dass die meisten Ressourcen beim Bau, endlich sind. Hierzu zählen die Materialien, auch in Form von Baustoffen, aber auch die menschliche Arbeit am Ende der Lebenszeit des Gebäudes. Da beide Ressourcen teuer sind, ist eine Berücksichtigung der Langfristigkeit unumgänglich.

Unser Geschäftsführer Peter Bachmann erklärt daraufhin das Bewertungskonzept, welches das Sentinel Haus Institut, erstellt hat. Es ist ein Zirkularitäts - Check für alle Phasen (Neubau, Modernisierung und Betrieb) und alle Schichten des Gebäudes (Tragwerk, Gebäudehülle, Innenausbau, TGA, etc.). Zusätzlich stellen wir für alle Leistungsphasen, Planungs- und Handwerkerleitfäden zur Verfügung.

Damit die nachfolgenden Generationen Kenntnis zum Ressourcendepot in der Immobilie haben, können mit dem Sentinel Portal die kreislauffähigen Produkte identifiziert und dokumentiert werden. Für die Rückbaubarkeit sind ist die Verarbeitung der handwerklichen Praktiken (Fügetechniken) sehr wichtig.

Welche Rolle spielen dabei die Architekten und Bauherren?

 

Laut Herrn Bachmann sind hierbei die Leidenschaft und besonderes Verantwortungsbewusstsein von den Bauherren, in der aktuellen Phase sehr wichtig. Kreislauffähige Produkte & Systeme und deren Verfügbarkeit sind momentan noch eingeschränkt, auch wenn jedes Projekt ein wertvoller Schritt in ein zukunfts- und kreislauffähige Zukunft sei. Viel Innovation ist hierbei jedoch auch notwendig. Da der Planer durch alle Leistungsphasen großen Einfluss hat, müssen er und auch der Bauherr voll und ganz hinter dem Bauvorhaben stehen.

Weshalb bedarf es einer ganzheitlichen Betrachtung der verbauten Produkte und ihrer Wechselwirkungen? Welche Rolle spielen in Ihrer Arbeit die Umwelt-Produktdeklarationen (EPD), und welchen Beitrag leisten sie zur Kreislaufwirtschaft?

Fabian Isele sagt dazu folgendes: Da die Kreislauffähigkeit nicht beim Produkt selbst beendet ist, ist die ganzheitliche Betrachtung der verbauten Produkte und ihre Wechselwirkung besonders wichtig. Es macht keinen Sinn ein kreislauffähiges Produkt zu verwenden, welches stoffschlüssig irreversibel mit anderen Produkten gefügt wird. Heißt, die Fügetechnik der unterschiedlichen Produkte ist essenziell. Auch wenn eine EPD wertvolle Informationen über das Produkt liefert, braucht es noch viele weitere Informationen und neue Produkteigenschaften, um eine bestmögliche Objektivität zu gewährleisten.

Neuere deutschsprachige Studien verwenden statt Kreislaufwirtschaft häufig den englischen Begriff „Circular Economy“. Dieser meint „echte“ Kreislaufwirtschaft unter Einbezug der Produktentwicklung und der Sekundärrohstoffmärkte (einige sprechen auch von „zirkulärem Wirtschaften“). Brauchen wir heute eine Begriffserweiterung?

Primär brauchen wir eine Begriffserklärung, meint Peter Bachmann. Mit täglichen neuen Marketingbegriffen entstehe nur ohnehin schon vorhandene Verwirrung. Sogar Greenwashing steht auf der Tagesordnung. Oft wird fälschlicherweise der Eindruck geweckt, dass Gebäude schon heute kreislauffähig sind, wovon wir in der baulichen Praxis leider noch weit entfernt sind!

In anderen Teilen der Welt (z.B. Marokko gehörte die Siedlung Ait Benhaddou), sind sie schon viel weiter, bieten jedoch nicht den gewohnten westlichen Komfort.

Welche Rolle spielt für Sie das Cradle-to-Cradle-Konzept (C2C)?

Peter Bachmann erklärt, dass CRADLE TO CRADLE eine US-amerikanische Produktzertifizierung sei. Auch, wenn sie sehr wertvoll und zukunftsweisend sei, ist das "nur" ein Produktzertifikat. Leider gibt es bis jetzt nur einen Bruchteil von erforderlichen Produkten für den Bau, Modernisierung, Einrichtung und Betrieb von Immobilien.

Ein Platin zertifiziertes Produkt hat nichts mit einem Bronze-zertifizierten Produkt zu tun. Dieser Umstand löst oft Verwirrung aus. Eine Immobilie mit einem Maximum an zertifizierten Produkten, mit einem Mindeststandard von Silber, kommt vermutlich auf maximal ein bis drei Prozent. Zudem sind die Kriterien überaus komplex und im üblichen Bauprozess nur schwer umsetzbar.

Es rangieren viele Produkte ohne CRADLE-TO-CRADLE-Zertifizierung im Gold- oder sogar Platin-Segment. In meiner Welt ist Regionales, wie FSC-Zertifiziertes und unbehandeltes Holz, kaum zu toppen. Das sollte auch ohne eine entsprechende Zertifizierung im Bausektor umfassen Verwendung finden. Holz, ist ein weiteres Beispiel, welche für einen technischen oder biologischen Kreislauf geeignet ist und damit zukunftsfähig ist.

Produktzertifizierungen wie natureplus sind zudem auch sehr hochwertig und verdienen eine besondere Berücksichtigung für zukunftsfähige Immobilien.

In welchen Bereichen kommt Ihr Wissen in der Praxis zum Einsatz?

Herr Isele erklärt, dass wir das Wissen in mehreren Projekten in der baulichen Praxis umsetzen und täglich die Kenntnisse zu Produkten und handwerklichen Prozessen erweitern. Im Schwarzwald (Titisee-Neustadt) haben wir ein spannendes Neubauprojekt, bei welchem ein Maximum an Möglichkeiten umgesetzt wird. Es werden alle zirkulären Standards beachtet, vom Bau über die Möblierung bis hin zur Betriebsphase.

Peter Bachmann fügt hinzu, dass wenn man die Industrie für neue Produkte motivieren möchte, die dringenden Innovationslücken, die im Prozess hervorkommen, separat im Internet sichtbar gemacht werden müssen. Das Appartementhaus soll ein besonders nachhaltiges und wohngesundes Referenzobjekt des Seehotel Wieslers werden, da es ausschließlich vom Sentinel Haus Institut geprüfte Produkte beinhaltet.                        

Peter Bachmann, Mann mit blauem Hemd, lächelnd in die Kamera

Peter Bachmann

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