Wann sind Raumluftreiniger sinnvoll?

Das Experteninterview

„Luft ist unser wichtigstes Lebensmittel, denn es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Luftqualität und Wohlbefinden."

Peter Bachmann, Geschäftsführer des Sentinel Haus Instituts

Herr Bachmann, warum ist gute Luft so wichtig für unsere Gesundheit?

Luft ist unser wichtigstes Lebensmittel. Wir atmen pro Tag viele tausend Mal ein und aus. Dabei gelangen rund 14 Kilogramm Luft in unseren Körper. Über die Lunge gelangen Schadstoffe direkt in unser Blut. Es gibt also einen direkten Zusammenhang zwischen Luftqualität, Wohlbefinden und Gesundheit.

Sind Kinder besonders betroffen?

Vor allem kleinere Kinder haben ein geringer ausgebildetes Immunsystem als Erwachsene. Zudem halten sie sich häufig sehr lange Zeit in geschlossenen Räumen auf, zum Beispiel in Schule, Kita oder im Kinderzimmer. Beachten muss man generell den unterschiedlichen Bedarf von gesunden und sensitiven Menschen, zum Beispiel von Allergikern.

Wie definiert man eine gute Luftqualität?

Dafür gibt es die Empfehlungen des Ausschuss für Innenraumluftrichtwerte AIR beim Umweltbundesamt für flüchtige organische Verbindungen (VOC) und eine Vielzahl weiterer Substanzen. Die Weltgesundheitsorganisation gibt Empfehlungen für Kohlendioxid CO₂. Weitere Kriterien existieren für Feinstaub oder Aerosole. Wir haben daraus praxisgerecht und transparent die Sentinel Haus Kriterien für gesunde Gebäude entwickelt. Natürlich muss man jeweils individuell schauen, welche Anforderungen es braucht.

Reicht Lüften allein aus, um gute Luft zu atmen?

Regelmäßiges und konsequentes Lüften ist extrem wichtig für unsere Gesundheit. Von Hand über die Fenster oder idealerweise mit einer Lüftungsanlage. Oft ist aber die Situation ungünstig: Draußen ist es zu kalt oder zu laut, um die Fenster lange offen zu halten. Oder es sind viele Personen im Raum. Häufig ist die Raumluft durch Schadstoffe aus Baumaterialien oder Reinigungsmittel belastet. Vor allem beim Fensterlüften können zusätzliche Schadstoffe in die Wohnung gelangen, zum Beispiel Pollen, die für Allergiker ein echtes Problem sein können. Dann ist ein Luftreiniger eine gute Ergänzung.

Welche Eigenschaften sollte ein guter Luftreiniger haben?

Der Begriff „Luftreiniger“ ist nicht geschützt oder definiert. Der Hersteller sollte deshalb die Eignung des Gerätes wissenschaftlich und technisch fundiert nachweisen. Sowohl unter Laborbedingungen als auch in der Praxis. Da sollte zum Beispiel die Filtergröße zum Luftdurchsatz passen. Das gilt insbesondere, wenn es darum geht, die Infektionsgefahr durch Viren zu senken. Wie bei allen Dingen schauen wir genau hin, ob ein Produkt die Versprechungen erfüllt.
Wie so oft, gibt es auch bei Luftreinigern Negativbeispiele: Letztens bekamen wir ein Gerät mit Plasmatechnologie und Raumbedufter angeboten. Da entsteht Ozon, das die Schleimhäute reizt und mit anderen Stoffen in der Luft chemisch zu neuen Schadstoffen reagiert. Über den Raumduft gelangen zusätzlich völlig unnötige Lösemittel in den Raum.

Wie genau funktionieren gute Luftreiniger?

Die Geräte saugen die Raumluft an und transportieren sie durch Filter. Entscheidend ist Kombination verschiedener Filtertypen. Ganz wichtig sind Feinstfilter (HEPA 13 + HEPA 14), dazu ein Aktivkohlefilter. Diese halten nahezu alle und auch kleinste Partikel und Aerosole fest. Wichtig ist, die Filter regelmäßig zu tauschen. Die Kosten sollte man berücksichtigen. Ob es zusätzliche Reinigungsstufen braucht, die zum Beispiel Viren abtöten können, hängt vom Einzelfall ab. Hier empfiehlt das Umweltbundesamt eine vorherige Beratung und technische Auslegung.

Welche Bedingungen sind notwendig, damit der Luftreiniger richtig wirken kann?

Das Gerät muss zu den Anforderungen passen: Also zur Raumgröße, Personenzahl und der Aufenthaltsdauer. Danach richten sich zum Beispiel der Volumenstrom und die Luftmenge, die das Gerät pro Stunde reinigen können muss. Wichtig ist auch der richtige Standort im Raum und dessen Geometrie. Hier kann schon die Wärme einer Leuchte den Luftstrom in die falsche Richtung lenken. Vor allem in größeren Räumen ist ein wissenschaftlich-technisches Konzept notwendig, damit Leistung und Filtervermögen ausreichen. Wir arbeiten hier unter anderem mit den Kollegen von SGS Fresenius oder TÜV Süd Advimo zusammen, die solche detaillierten Berechnungen durchführen.

Noch haben viele Schulen / Gebäude keine Luftreiniger im Einsatz, trotz herausfordernder Zeiten. Halten Sie einen breiteren Einsatz von Luftreinigern für sinnvoll und warum?

Ja, wenn Lüften nicht ausreicht. Soll das Infektionsrisiko reduziert werden, sind zuerst die AHA + L –Regeln grundlegend. Ohne die geht es nicht. Mit emissionsarmen Bau- und Reinigungsprodukten sinkt der Schadstoffmenge in der Raumluft zusätzlich deutlich.

In welchen anderen Raumsituationen können Luftreiniger sinnvoll sein?

Überall wo dort Menschen zusammenkommen: Restaurants und Hotels, Büros, Arztpraxen. Aber auch in Räumen mit raumluftbelastenden Aktivitäten, zum Beispiel Friseursalons. Gesundheit bleibt ist und bleibt wichtig für die Menschen und die Lage wird herausfordernd bleiben.